Dienstag, 27. März 2012

Vortragsreihe: Kritische Theorie der Gesellschaft

Wer sich mit Gesellschaftskritik in theoretischer und/oder praktischer Hinsicht befasst, stößt früher oder später auf die 'Frankfurter Schule'. Als deren jüngere Vertreter gelten u.a. Jürgen Habermas und Axel Honneth. Die Veranstaltungsreihe widmet sich dagegen der älteren Frankfurter Schule und setzt sich u.a. mit den Arbeiten Theodor W. Adornos und Max Horkheimers auseinander. Grundlegendes Anliegen dieser ersten Generation Kritischer Theoretiker war es, den Marxismus aus seiner Versteinerung zu befreien und eine materialistische Kritik auf der Höhe der Zeit zu formulieren. So schien gegen Ende der Weimarer Republik die Marxsche Hoffnung auf das Proletariat angesichts des Erstarkens faschistischer Tendenzen nicht mehr umstandslos haltbar. In der Psychoanalyse fand die Kritische Theorie jedoch Erklärungen, warum Menschen gegen ihre objektiven Interessen handeln. Durch die Verbindung von Psychoanalyse und Marxscher Kritik der politischen Ökonomie gelangte die Kritische Theorie so zu einer differenzierteren Einschätzung der Entwicklungstendenzen ihrer Gegenwart.
Die Veranstaltungsreihe möchte in das Denken der Kritischen Theorie einführen und deren Aktualität an Hand ausgewählter Themen diskutierten. Mit der Ökonomiekritik Adornos und dem feministischen Potential der Kritischen Theorie gilt unsere Aufmerksamkeit dabei auch bisher wenig beachteten Aspekten. Die Vorträge setzen keine Vorkenntnisse voraus und sollen so auch einladen, sich erstmals mit der Kritischen Theorie zu beschäftigen.

Alle Veranstaltungen finden statt im Kulturladen in Selbstverwaltung „Die ganze Bäckerei“, Reitmayrgäßchen 4, 86152 Augsburg. www.ganze-baeckerei.tk

Veranstaltet vom AK Kritische Theorie. Mit freundlicher Unterstützung von GEW Kreisverband Augsburg und Bezirksverband Schwaben, sowie dem Kurt-Eisner-Verein Bayern

Termine:

Fr, 20.04.2012, 19.00 Uhr
Martin Proißl: Zentrale Begriffe und Motive der Kritischen Theorie 
 
Nach dem Siegeszug poststrukturalistischen und postmodernen Denkens auch innerhalb der politischen Linken, ist wieder ein Interesse an einer kritischen Gesellschaftstheorie zu beobachten, die konsequent an die Marx´sche Kritik der politischen Ökonomie anknüpft. Für die klassische Kritische Theorie von Horkheimer, Adorno und Marcuse ist nicht alles irgendwie "konstruiert", "diskursiv" oder "post-". Sie kreist vielmehr um unaufgebbare Begriffe wie Wahrheit, Vernunft und Gerechtigkeit. Ihr zentrales Motiv ist eine ganz bestimmte Praxis: die Fortsetzung der Aufklärung, die Durchsetzung gesellschaftlicher Verhältnisse, in denen die freie Entwicklung eines jeden/einer jeden die Bedingung für die freie Entwicklung aller ist. Darum ist sie in der Lage, nicht nur eine weitere "Erzählung" zum pluralen Diskursgemenge beizusteuern, sondern eine fundierte und konkrete sozialwissenschaftliche Kritik an Wirtschaft, Staat, Kulturindustrie und warenfetischistisch verblendeter Subjektivität. Der Vortrag führt in die Kritische Theorie ein und erläutert entlang der zentralen Begriffe von Wahrheit, Vernunft und Gerechtigkeit die grundlegenden Züge ihrer praxisphilosophisch motivierten Kritik.


Fr, 04.05.2012, 19.00 Uhr

Dirk Braunstein: Ökonomiekritik und Utopie bei Theodor W. Adorno


Als Philosoph, Soziologe, Musikwissenschaftler, Kunsttheoretiker und ungerechtfertigterweise vor allem als Kulturkritiker ist Adorno als ein Klassiker des europäischen Geisteslebens nach dem Tode fest etabliert, und dies nicht nur in den Wissenschaften, sondern auch im Kulturbetrieb selbst. Daß er ein radikaler Kritiker der kapitalistischen Produktionsverhältnisse war, kommt allerdings in den allermeisten Referenzen nur als Randnotiz pflichtschuldig zur Sprache; daß er sich mit ökonomischen Belangen aufgehalten habe, wird selbst von wohlmeinenden KommentatorInnen entweder bestritten oder im Vergleich zu seinen Leistungen auf anderen Gebieten bagatellisiert. So sagt Jürgen Habermas: »Mit politischer Ökonomie hat sich Adorno nie befaßt.« Durchaus typische Einschätzungen wie diese legen den Verdacht nahe, daß die Adorno-Forschung sich ihrerseits zwar mit allem möglichen befaßt, aber ausgerechnet jene Theorieansätze entweder als pessimistisch abgetan oder schlicht ignoriert hat, die auf Kritik und Veränderung der bestehenden Gesellschaft hinauswollen.



Fr, 18.05.2012, 19.00 Uhr
Barbara Umrath: „Keine Emanzipation ohne die der Gesellschaft“ –
Geschlecht(erverhältnis) und Kritische Theorie

Wenn man von der Kritischen Theorie spricht, kommen autoritärer Charakter, Dialektik der Aufklärung und Kulturindustrie in den Sinn. Dass die Gesellschaftskritik der frühen Kritischen Theorie auch eine geschlechtertheoretische Dimension hat, findet kaum Beachtung. Zugegeben:Geschlechtwar für Adorno, Horkheimer und Co. keine zentrale Analysekategorie, sondern findet eher beiläufig und an verschiedenen Stellen immer wieder Erwähnung. Dabei stehen Passagen, in denen die Unterdrückung von Frauen denunziert wird neben solchen, in denen die bürgerliche Familie in einem verklärten Licht erscheint. Dies brachte der Kritischen Theorie von feministischer Seite den Vorwurf ein, sie wiederhole die patriarchale Unterdrückung. In Zeiten wie diesen, in denen der Begriff Feminismus für wenig mehr steht als die Forderung nach Frauenquoten, erhält die Kritik der frühen Kritischen Theorie jedoch besondere Aktualität. Im Vortrag soll gezeigt werden, dass ein gesellschaftskritischer Feminismus von dieser wichtige Impulse aufnehmen kann.


Fr, 22.06.2012, 19.00 Uhr
Marc Grimm: Kritische Theorie des Rassismus und Antisemitismus

Schon die nur oberflächliche Auseinandersetzung mit Literatur und Studien zu Rassismus und Antisemitismus macht augenscheinlich, dass Adorno, Horkheimer und Löwenthal heute eine wenig glorreiche Rolle zufällt. Kaum ein Autor ignoriert die Schriften der Kritischen Theorie zu Antisemitismus und Rassismus. Gelobt wird ihr Pioniergeist, vor allem hinsichtlich der Studien zum autoritären Charakter. Zugleich fällt auf, dass die verwendeten Begriffe und theoretischen Ansätze allenfalls noch als Objekte historischer Untersuchungen von Wert sein sollen. Dabei besteht deren Aktualität gerade darin, dass sie Rassismus und Antisemitismus in Bezug auf die wert- und warenproduzierende Gesellschaft erklären und diese nicht blind vorausgesetzt wird. Im Vortrag wird die Kritische Theorie des Rassismus und Antisemitismus im Lichte aktueller Studien diskutiert.

Mittwoch, 14. März 2012

Aufruf zu einer bundesweiten Aktionswoche für Zivilklauseln, 1.- 8. Mai 2012

Mit den Waffen des Geistes gegen den Geist der WaffenHochschulen für den Frieden!

Wir, die Initiative „Hochschulen für den Frieden – Ja zur Zivilklausel“, rufen Studierende, Lehrende, Hochschulmitarbeiter*innen und gesellschaftliche Kräfte auf, sich an der Aktionswoche für zivile und friedliche Wissenschaften vom 1. bis 8. Mai 2012 zu beteiligen und Aktivitäten vor Ort zu initiieren. Mit dem Tag der Arbeit und dem Tag der Befreiung vom deutschen Faschismus stellen wir uns in die Tradition des weltweiten Engagements für die humane und zivile Entwicklung der Gesellschaft.

Gerade in globalen Krisenzeiten: Die Hochschulen stehen in der Verantwortung, zur Lösung der drängenden gesellschaftlichen Probleme beizutragen. Die Ergründung der Ursachen von Kriegen sowie der Bedingungen von Frieden, die Überwindung weltweiter sozialer Ungleichheit und ökologischer Zerstörung, zivile Konfliktbearbeitung und Völkerverständigung, internationale Abrüstung sowie die Konversion von Kriegs- in Friedensproduktion sind dringende Aufgaben, auch für die Wissenschaft. Diese muss für eine nachhaltige und humane Entwicklung und menschenwürdige Gestaltung der Lebensbedingungen weltweit eintreten. Die Abhängigkeit der wissenschaftlichen Einrichtungen von privaten Geldgebern gerade aus dem Bereich der Rüstungsindustrie und des Militärs verdrängt die intellektuellen Bemühungen einer wissenschaftlichen Tätigkeit im Interesse der Allgemeinheit.

Bundesweit stößt die Indienstnahme von Forschung und Lehre für den Krieg zunehmend auf das Engagement von Hochschulaktiven für eine Wissenschaft, die zu einer zivilen, sozialen, demokratischen und nachhaltigen Entwicklung der Gesellschaft beiträgt. Am KIT in Karlsruhe, an der Uni Köln, der FU Berlin und der Uni Frankfurt haben sich bei Urabstimmungen deutliche Mehrheiten der Studierenden für eine strikt zivile und friedenschaffende Orientierung der Wissenschaft (Zivilklausel) ausgesprochen; mehrere Hochschulen haben Zivilklauseln. Die Universität Bremen hat ihre Zivilklausel gerade gegen den Druck eines Rüstungsunternehmens bekräftigt.

Wir rufen bundesweit zu vielfältigen Aktionen zwischen dem 1. Mai und den 8. Mai auf, zu öffentlichen Veranstaltungen, Seminaren, Aufklärungs- und Protestaktionen, Pressekonferenzen und Diskussionen mit Politik und Universität über die gesellschaftliche Verantwortung der Wissenschaft. Mit den Waffen des Geistes gegen den Geist der Waffen können alle kooperativ für eine humane und zivile Gestaltung der Welt lernen, forschen und arbeiten.



Kontakt:

Hochschulen für den Frieden – Nein zur Kriegsforschung! Ja zur Zivilklausel
c/o NatWiss, Naturwissenschaftler-Initiative für Frieden und Zukunftsfähigkeit
Schützenstrasse 6a
10117 Berlin
geschaeftsfuehrung@natwiss.de
www.natwiss.de
Tel.: +49 / 30 / 3199 6686
Fax: +49 / 30 / 3199 6689

AStA der TU Braunschweig
Katharinenstraße 1
38106 Braunschweig
asta@tu-bs.de
www.asta.tu-bs.de
+49 / 531 / 391 - 4555

Die Initiative Hochschule für den Frieden ist ein Bündnis von Studierendenschaften, studentischen Initiativen, Gewerkschaften sowie Friedens- und Wissenschaftsorganisationen. Weitere Infos unter: www.zivilklausel.org

Montag, 12. März 2012

"Fachkräftemangel bekämpfen, Erziehungswissenschaft ausbauen!"

Bildungsgewerkschaft zieht Schlussfolgerungen aus neuem Datenreport der DGfE

Frankfurt am Main/Osnabrück - Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) macht sich für einen Ausbau der Erziehungswissenschaften an den deutschen Hochschulen stark. "Auf der einen Seite steuert Deutschland auf einen handfesten Fachkräftemangel in vielen pädagogischen Berufen zu, auf der anderen Seite werden an den Universitäten kontinuierlich erziehungswissenschaftliche Lehrstühle abgebaut. Dieser Widerspruch muss endlich aufgelöst werden", erklärte GEW-Vorstandsmitglied Andreas Keller aus Anlass der Eröffnung des 23. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Erziehungswissenschaft (DGfE) am Montag in Osnabrück. Nach Berechnungen des "Datenreports Erziehungswissenschaft 2012" seien von 1995 bis 2010 rund 15 Prozent der Professuren abgebaut worden.

"Mit der Politik des Abbaus von Professorenstellen verschärfen Länder und Hochschulen nicht nur den Fachkräftemangel im Bildungssystem. Sie verschlechtern damit auch die Bildungschancen der jungen Generation, die auf hoch qualifizierte Pädagoginnen und Pädagogen in den Bildungseinrichtungen angewiesen ist. Eine Gesellschaft, die an ihrer Erziehungswissenschaft spart, stellt ihre eigene Zukunftsfähigkeit in Frage", sagte Keller.

Mit Sorge beobachtet der GEW-Hochschulexperte die Verlagerung von Lehraufgaben von Professorinnen und Professoren auf den akademischen Mittelbau. "Von 2006 bis 2010 hat sich die Zahl der befristet beschäftigten Lehrkräfte für besondere Aufgaben (LfBA) in der universitären Erziehungswissenschaft um fast 50 Prozent erhöht; gleichzeitig werden unbefristete Beschäftigungsverhältnisse systematisch abgebaut. Darunter leidet nicht nur die Qualität der Lehre, sondern auch die der Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses", kritisierte Keller. Auf den LfBA-Stellen würden in der Regel junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler eingestellt, die zusätzlich zu bis zu 18 Wochenstunden Lehrverpflichtung ihre Doktorarbeit schreiben sollten. "Mit dieser Praxis müssen die Unis Schluss machen: Wir brauchen mehr Professuren für Daueraufgaben in der Lehre und faire Beschäftigungsbedingungen und Karriereperspektiven für den wissenschaftlichen Nachwuchs."

Info:

Aus Anlass ihres 23. Kongresses vom 12. bis 14. März 2012 in Osnabrück hat die DGfE den "Datenreport Erziehungswissenschaft 2012" vorgelegt. Die Erstellung des Datenreports wurde von der GEW-nahen Max-Traeger-Stiftung gefördert und ist im Verlag Babara Budrich (Opladen) erschienen. Die Bildungsgewerkschaft ist Mitglied der DGfE und präsentiert sich in Osnabrück mit einem Ausstellungsstand (Erweiterungsbau der Universität, S 13) und mit dem traditionellen GEW-Abend.

Weitere Informationen zum DGfE-Kongress: http://www.dgfe2012.de/. Der Datenreport ist im Buchhandel erhältlich: Werner Thole u.a. (Hrsg.): Datenreport Erziehungswissenschaft 2012. Opladen 2012.

Mittwoch, 7. März 2012

Auch die GEW Bayern ruft zu Warnstreiks am 8. März auf!

Nachdem die erste Verhandlungsrunde für die Beschäftigten im öffentlichen Dienst bei Bund und Kommunen erst gar nicht richtig losging, ruft auch die GEW Bayern ihre Mitglieder für den 8. März 2012 gezielt zu einem Warnstreik in München, Nürnberg, Fürth, Erlangen und Regensburg auf. Anstatt ein Angebot vorzulegen, verlangte die Arbeitgeberseite als Vorbedingung, dass die Gewerkschaften ihre Forderung reduzieren.

"Rettungsschirme für Banken über horrende Summen, ein Ehrensold von fast 200.000 Euro im Jahr für einen gescheiterten Bundespräsidenten, aber kein Verständnis für die berechtigten Forderungen all der Menschen, die tagtäglich dafür sorgen, dass andere Menschen (aus-)gebildet, betreut und unterstützt werden. Wie müssen Beschäftigte sich fühlen, die einen erheblichen Beitrag für einen funktionierenden Alltag leisten und denen man alle Jahre wieder das gleiche Lied der "leeren Kassen" vorsingt, während Billionen für wirtschaftliche Interessen und für Börsengeschäfte verwendet werden?" fragt Elke Hahn, Geschäftsführerin der GEW Bayern.

Das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland beinhaltet ein Rechts- UND Sozialstaatsgebot. Doch leider verliert die soziale Seite in dieser Gleichung seit Jahrzehnten an Bedeutung. Die Debatte um "leere Kassen" verschleiert, dass Geld genug da ist. Davon wollen die Beschäftigten im öffentlichen Dienst ihren berechtigten Anteil. Die Gewerkschaften fordern 6,5 Prozent, mindestens aber 200 Euro mehr Gehalt - eigentlich Peanuts angesichts dessen, was sonst so möglich ist in diesem Land!

"Es ist ein trauriges Bild einer angeblich fortschrittlichen und weit entwickelten Zivilgesell-schaft im 21. Jahrhundert, der es nicht gelingt, endlich den Themen gute Erziehung, Bildung, soziale Arbeit und Betreuung den Stellenwert einzuräumen, der ihnen gebührt", so Elke Hahn.
Im Organisationsbereich der GEW Bayern sind nicht nur die Kitas und Einrichtungen der Jugend- und Behindertenhilfe von der Tarifrunde erfasst, sondern auch die angestellten Lehrkräfte an kommunalen Schulen.

Die Streikaufrufe mit Angaben zu den Streikorten und -planungen finden Sie auf der Homepage der GEW Bayern www.gew-bayern.de sowie weitere Informationen auf http://www.gew-tarifrunde-tvoed.de/Page16958.html

V.i.S.d.P. Elke Hahn, Geschäftsführerin GEW Bayern, Schwanthalerstraße 64, 80336 München