Studentische Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind an den Hochschulen
und Forschungseinrichtungen nicht mehr wegzudenken - bis zu 400.000 von
ihnen betreiben Literatur- und Internetrecherchen, fotokopieren,
beschaffen Bücher und Zeitschriftenaufsätze in Bibliotheken, redigieren
Texte, geben Daten ein, betreuen ihre Kommilitoninnen und Kommilitonen
in Lehrveranstaltungen und helfen bei deren Vorbereitung, sie leiten
Tutorien, beaufsichtigen Klausuren, bereiten Tagungen vor,
transkribieren Interviews, werten Daten aus und erstellen Statistiken,
führen Laborarbeiten aus und überwachen Geräte ... Wie aber sieht die
Situation der studentischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter tatsächlich
aus? Das haben Alexander Lenger, Christian Schneickert und Stefan
Priebe in einer durch die Max-Traeger-Stiftung geförderten Studie
untersucht, die die GEW jetzt veröffentlicht. Die Studie gibt einen
einmaligen Überblick über die Lage der studentischen Mitarbeiterinnen
und Mitarbeiter im deutschen Hochschul- und Forschungssystem. Knapp
4.000 Personen wurden befragt, darüber hinaus vorhandene Daten und
Studien ausgewertet. Erstmals liegen umfassende Informationen zum
Profil, zu den Beschäftigungsverhältnissen und Arbeitsbedingungen der
studentischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vor.
Die Studie belegt unter anderem: Tarifverträge wirken. Das Land Berlin
ist das einzige Bundesland, in dem Arbeitgeber und Gewerkschaften einen
Tarifvertrag für studentische Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
abgeschlossen haben, der ihre Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen
regelt; in allen anderen Ländern sind die studentischen Hilfskräfte
explizit vom Geltungsbereich der Tarifverträge ausgeschlossen. Mit der
Folge, dass die Vertragslaufzeiten in Berlin deutlich länger sind als in
anderen Bundesländern und auch die Stundenlöhne der studentischen
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter deutlich über denen ihrer Kolleginnen
und Kollegen in anderen Ländern liegen. Dazu passt, dass der Anteil der
gewerkschaftlich organisierten studentischen Mitarbeiterinnen und
Mitarbeiter in Berlin höher ist als anderswo.
Für die studentischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind die
Qualifizierungsmöglichkeit und der Erwerbsaspekt zentral für die
Aufnahme einer Stelle. Die Studie zeigt, dass neben dem Einkommen vor
allem die Qualifikation und bei der Arbeit vermittelten Fähigkeiten aber
auch die Einblicke in die Hochschule und das wissenschaftliche Arbeiten
die entscheidenden Motive für eine Arbeit an den Hochschulen
darstellen. Dies entspricht auch dem Willen der Gesetzgeber, da
studentische Hilfskräfte im Bereich Forschung und Lehre eingesetzt
werden müssen, in der Verwaltung hingegen dürfen sie nur als normale
Angestellte beschäftigt werden. Die Realität hingegen sieht anders aus.
Nur 60 Prozent der Studentinnen und Studenten arbeiten "überwiegend" im
Bereich Forschung und Lehre.
Die befragten studentischen MitarbeiterInnen sind überwiegend mit ihrer
Arbeit zufrieden, was nach Meinung der Autoren nicht auf die
eigentlichen Beschäftigungsbedingungen zurückzuführen ist, sondern auf
Vorteile im Studium, da durch das Beschäftigungsverhältnis eine bessere
Integration in die Fakultät/Institut gegeben und der Kontakt zu den
Professorinnen und Professoren intensiver ist. Die Studie weist ferner
nach, dass studentische Beschäftigte mit einem ausländischen Pass stark
unterrepräsentiert sind: Nur 2,3% der studentischen Beschäftigten waren
keine Deutschen, aber 11,3% aller Studentinnen und Studenten haben einen
ausländischen Pass.
Die GEW wünscht sich, dass die Forschungsergebnisse von Alexander
Lenger, Christian Schneickert und Stefan Priebe dazu beitragen werden,
die Diskussion über die Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen der
studentischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter voranzubringen. Daran
arbeitet die Bildungsgewerkschaft GEW, die Studierende,
Hochschulbeschäftigte und damit auch studentische Mitarbeiterinnen und
Mitarbeiter vertritt und als Mitglieder organisiert. Eine zentrale
Forderung der GEW ist die Einbeziehung der studentischen Beschäftigten
in den Geltungsbereich der Tarifverträge des öffentlichen Dienstes. Die
problematische Lage der studentischen Beschäftigten wirkt sich
keineswegs nur auf der individuellen Ebene aus, sondern stellt vielmehr
ein strukturelles Problem des deutschen Bildungswesens dar, da hier vor
allem junge und hochqualifizierte Personen an Arbeitsverhältnisse
gewöhnt werden, die nachhaltige Folgen für die Ansprüche an die
Arbeitsbedingungen im gesamten weiteren Karriereverlauf haben - so ein
zentrales Ergebnis der vorgelegten Studie.
Die Studie ist online verfügbar unter http://www.gew.de/Publikationen_Beschaeftigte_in_Hochschule_und_Forschung.html#Section26507
(4,5 MB). Außerdem kann die Studie als gedruckte Broschüre zum Preis
von zwei Euro zzgl. Versandkosten bestellt werden per E-Mail an
broschueren@gew.de.
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